„Abgestraft wurde ein System, das in Österreich weit verbreitet ist, dort aber nicht Korruption genannt wird, sondern Freunderlwirtschaft“, so die Analyse der (nicht rechtskräftigen) Verurteilung von Karl-Heinz Grasser in einer deutschen Zeitung.

Mag. Daniela Gruber

Auch der österreichische Durchschnittsbürger hat sich im Wesentlich bestätigt gefühlt, wonach korrupte Politiker mit aller Härte abzustrafen sind. Bekanntlich wurde der ehemalige Finanzminister zu 8 Jahren Haft verurteilt. Interessant ist in diesem Zusammenhang der starke Bezug zu Oberösterreich. Ludwig Scharinger, der ehemalige Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ und Anfang 2019 verstorben, saß neben Karl-Heinz Grasser auf der Anklagebank. Zu 3 Jahren Haft (ebenfalls nicht rechtskräftig) wurde Georg Starzer, ein ehemaliger Vorstandskollege von ihm, verurteilt.

In ihrer Urteilsbegründung hat die Richterin ausgeführt, es sei unstrittig, dass der Zuschlag bei der Vergabe der Bundeswohnungen an ein Konsortium aus Immofinanz und Raiffeisenbank OÖ „pflichtwidrig" erfolgt sei. Dies, so die resolute Richterin, hätten zahlreiche Urkunden und Zeugenaussagen belegt.

An 168 Verhandlungstagen wurde vor einem Schöffensenat verhandelt, zwei Schöffen entschieden mit einem Berufsrichter über Schuld und Strafe. Schöffen sind sogenannte Laienrichter, welche nach dem Zufallsprinzip aus der Wählerevidenz ausgewählt werden. Sämtliche Verteidiger kündigten umgehend die Einbringung von Rechtsmitteln an. Strafrechtsexperten sind sich einig, dass Urteile, die von einem Schöffengericht gefällt werden, nur schwer zu bekämpfen sind. Nur wenn es dem Urteil an einem Begründungsfehler mangelt oder Verhandlungsfehler aufgezeigt werden können, besteht Aussicht auf Erfolg. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein rechtskräftiges Urteil voraussichtlich erst Mitte 2024 vorliegen wird.

Dieses Urteil hat jedenfalls Signalwirkung für politische Amtsträger. Selbst von ausländischen Medien positiv beurteilt wurde auch das Funktionieren des Rechtsstaates in Österreich.

Mag. Daniela GRUBER
Rechtsanwältin und Strafverteidigerin