Zum Zeitpunkt einer Schenkung stimmt üblicherweise die Chemie zwischen dem Geschenkgeber und dem Begünstigten. Die Zeiten können sich jedoch rasch ändern, es kommt zu Meinungsverschiedenheiten, heftigen Streitigkeiten und sogar Tätlichkeiten. Aus diesen Gründen kommt es vor, dass ein Geschenkgeber die Schenkung widerrufen möchte.
Gemäß § 948 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte gegen seinen Wohltäter eines groben Undankes schuldig macht. Dazu zählen eine Verletzung am Leib, an der Ehre, an der Freiheit oder am Vermögen, welche eine strafrechtliche Relevanz haben. Nach der Rechtsprechung ist jedoch nicht jede strafbare Handlung als grober Undank zu qualifizieren. Die Handlung muss eine gewisse Intensität erreichen und muss dem Beschenkten bewusst sein, dass er durch sein Verhalten den Schenker kränkt. Entscheidend ist, ob die Verfehlung des Beschenkten so gravierend ist, dass sie nach den in den Kreisen der Beteiligten herrschenden Anschauungen als eine gravierende Vernachlässigung der Dankespflicht gegenüber dem Geschenkgeber anzusehen ist, welche einen Widerruf rechtfertigt.
Vor kurzem behandelte der Oberste Gerichtshof einen Fall, bei welchem der Widerruf einer Schenkung auf beharrliche Verfolgung (= Stalking) gestützt wurde. Eine Frau hatte ihrem Lebensgefährten die Hälfte der ursprünglich gemein sam bewohnten Liegenschaft geschenkt. Dieser hatte sie nach der Trennung mit mehr als 20 E-Mails und 200 Kurznachrichten bombardiert und behauptet, er habe lediglich die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft oder zumindest eine Übereinkunft über die Nutzung der Liegenschaft angestrebt. Das Urteil wurde zur Ergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen, wobei grundsätzlich bejaht wurde, dass Stalking einen Schenkungswiderruf rechtfertigt. Wenn sie als Geschenkgeber die Schenkung bereuen und diese erfolgreich widerrufen wollen, ist eine umfassende anwaltliche Beratung unentbehrlich.
Mag. Dr. Christoph MIZELLI
Rechtsanwalt und Strafverteidiger